Kapitel 1

 

Die aggressive Stille drang in mein Ohr und drohte mich vollends zu verschlucken. Verzweifelt suchte ich nach Gedanken und Erinnerungen, die mich davor bewahrten. Doch je stärker ich versuchte mich festzuhalten, desto schneller wuchs das Geschwür in mir, hämisch lachend und erbarmungslos. Ich fluchte und krümmte mich, so dass mein Körper erbarst.

“Nein, das war nicht ich, ich bin optimistisch, schon immer gewesen“, dachte ich immer wieder, doch die positive Stimmung verflog wie ein stärkender Windhauch voller Freiheit und Frieden.

Erneut schüttelte ich mich und spielte jegliche nur mögliche Melodie in meinem Kopf ab, die mir zu einem anderen Leben verhelfen sollte, doch es nütze nichts.

„Sie haben sich gegen dich verbündet“, flüsterte die leise Stimme und verwob geschickt die Synapsen meines Gehirns, um so noch tiefer in meine Seele einzudringen.

„Nein, nein!“, schrie ich und rannte in den lauwarmen Sommerregen des angebrochenen Mai Monats.

Donnernd platzten die schweren Tropfen aus der dunklen Wolkendecke an meinem Körper auf und ergossen ihre wässrige Flüssigkeit über mich. Es schien, als lauerten an jeder Wand und Häuserecke Schatten, die nur danach lechzten meine letzten Hoffnungen in ihre dürren Hände zu ziehen.

Von einer spontanen Idee gelenkt bog ich an der nächsten Kreuzung scharf ab und rutschte dabei quer über die Straße. Verdammter Bordstein.

Wie ein hilfloser Käfer lag ich mit ausgestreckten Gliedmaßen auf der Straße, meine Kleidung durchnässt und eine Kälte zog sich durch meinen Rücken durch den ganzen Körper. Doch mein schmerzendes Knie und die Schrammen waren mir aus unerfindlichen Gründen unglaublich egal und ich fürchtete kein Auto, keinen LKW mehr, der mich überrollen könnte.

Nun erreichte die Schwere der lauernden Schatten meinen Körper und kroch entlang meiner Körperhülle herauf, zum Mittelpunkt meines Seins. Wehren war sinnlos und jegliche Anstrengungen die Regenlache zu verlassen erschien mir wie ein Flug durch die Galaxie, so weit entfernt und unmöglich.

Der hämische Unterton schien sich nun ebenfalls wieder zu melden. „Du bist ein Nichts. Hast du jemals daran geglaubt etwas zu sein? Du wurdest nur benutzt. Wahre Freunde gibt es nicht. Liebe auch nicht“.

Ich ließ den letzten Zweig, der mir aus der Höhe zuragte, los und stürzte ohne Schutz in die Tiefe.

 

Doch es war mir egal.

 

 

(...)